Das Internet hat die Debattenkultur erneuert. Menschen, die zuvor keinen Zugang zu den Aushandlungsorten vieler Diskurse hatten, können nun
teilhaben, mitdiskutieren und Themen auf die öffentliche Agenda setzen. Im Web 2.0 vernetzen sich neue politische Akteur_innen und treiben von dort ihre Anliegen voran. Die jüngste Sexismus-Debatte zum Beispiel startete mit dem #Aufschrei auf Twitter. Die Schattenseite der – auf den
ersten Blick offenen – Debattenkultur im Netz ist der oft aggressive Tonfall und der Mangel an „Spielregeln“. Insbesondere Frauen (und Männer), die sich mit feministischen Positionen zu Wort melden, erleben massive Anfeindungen, Verleumdungen oder gar Mord- und Vergewaltigungsdrohungen.
Gut vernetzte sogenannte „Männerrechtler“ haben – und nutzen – das Potenzial, jede geschlechterpolitische Debatte zu sprengen. Doch nicht nur im Netz wird gerungen, sondern auch um das Netz. Die scheinbare Barrierefreiheit online täuscht darüber hinweg, dass die Zugänge und Gestaltungsmöglichkeiten ungleich sind. Wer ist sichtbar? Wer hat die Definitionshoheit? Das Internet hat eine geschlechtsspezifische Struktur, die sich auch auf die Inhalte auswirkt. Wikipedia beispielsweise, das größte Online-Lexikon, aus dem Milliarden User_innen ihr „Wissen“ über die Welt beziehen, wird hauptsächlich von (weißen) Männern gemacht. Wir möchten mit Netzaktivist_innen, Wissenschaftler_innen und Politiker_ innen die Geschlechterverhältnisse, Arenen und Debatten im Web 2.0 analysieren – mit Blick auf Deutschland und international. Dazu gehört auch die Diskussion über Umgangsformen, Spielregeln und Schutz für die Akteur_innen. Da Sexismus im Internet und Cybergewalt inzwischen alltägliche Phänomen sind, stellt sich die Frage nach dem politischen
Handlungsbedarf immer dringender. Wir laden Sie herzlich ein, sich zu informieren und mitzudiskutieren.
The conference "Wessen Internet? Geschlechterverhältnisse und Gender-Debatten im Netz" highlights current issues such as gender relations and gender discussions on the internet.